Beschreibung: | Mit dem Begriff ‚Anthropologie der Literatur‘ (z.T. auch ‚literarische Anthropologie‘) werden unterschiedliche programmatische Ansätze bezeichnet. Ihre Gemeinsamkeit besteht darin, dass sie literaturwissenschaftliche Fragestellungen mit anthropologischen verbinden. Die literarhistorischen Ansätze, in denen die Beziehungen zwischen Literatur und der jeweils zeitgenössischen Anthropologie untersuchen werden, z.B. um die literarischen Texte besser zu verstehen, oder Literatur als Repräsentation kultureller Selbst- und Fremderfahrungen erforscht wird, lassen sich verschiedenen Literatur- und Kulturtheorien zuordnen. Als eigene Literaturtheorie kann Anthropologie der Literatur dann gelten, wenn in grundsätzlicher Weise nach der Funktion gefragt wird, die Literatur für den Menschen hat – etwa nach ‚anthropologischen Konstanten‘ gesucht wird, die Literatur aufweist –, und Erklärungsvorschläge für das Phänomen Literatur und ihre Entwicklung mit Rückgriff auf anthropologische, evolutionsbiologische oder kognitionspsychologische Forschung erarbeitet werden. Für den deutschen Sprachraum sind als wichtige Beispiele für unterschiedliche Varianten einer Anthropologie der Literatur als Literaturtheorie Wolfgang Isers Arbeiten zum Fiktiven und Imaginären und Karl Eibls Entwurf einer „biologischen Literatur- und Kulturtheorie“ („Animal poeta“, 2004) hervorzuheben. Auch wenn psychoanalytische Literaturtheorien einen ähnlich grundlegenden Anspruch erheben, werden sie in der Regel nicht der Anthropologie der Literatur zugeordnet. |